Landau Rassistisches Gedankengut und Unterstützung für NS-Täter: Stadt benennt drei Straßen um

Ein Auslaufmodell: die Hindenburgstraße. Zusatzschilder werden erläutern, warum die alten Namen durch neue ersetzt werden. Auch
Ein Auslaufmodell: die Hindenburgstraße. Zusatzschilder werden erläutern, warum die alten Namen durch neue ersetzt werden. Auch dagegen waren die Christdemokraten.

Der Stadtrat hat entschieden: Die Zeit von Hindenburg-, Hans-Stempel- und Kohl-Larsen-Straße ist abgelaufen. Damit könnte eine jahrelange Diskussion in Landau enden. Es deutet viel darauf hin, dass nach der Debatte vor der Debatte ist.

Die Hindenburg-, die Kohl-Larsen- und die Hans-Stempel-Straße in Landau werden umbenannt. So lautet die Entscheidung des Landauer Stadtrats am Dienstagabend. Künftig sollen die Straßen Am Zoo (Hindenburgstraße), Maria-Sibylla-Merian-Straße (Kohl-Larsen-Straße) und Margot-Stempel-Lebert-Straße (Hans-Stempel-Straße) heißen. Für die Umbenennungen stimmen die Grünen, die SPD, die Fraktion Pfeffer und Salz, Die Linke, der Vertreter der Partei Die Partei und Oberbürgermeister Dominik Geißler. Für einen Beibehalt der bisherigen Namen votieren die CDU, die FWG, die FDP und der AfD-Vertreter. Die Entscheidung hatte sich in der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses bereits abgezeichnet.

Das Für und Wider

Die Argumente in der Debatte waren keine neuen mehr. Die Befürworter einer Beibehaltung, allen voran CDU-Vertreter Peter Lerch, argumentierten mit dem Willen der Landauer. Sowohl die Christdemokraten als auch die FWG nähmen deutlich aus der Bevölkerung wahr, dass diese nicht für Änderungen seien. Man sei dem Bürger verpflichtet. Man müsse auch den Mut haben, zur Vergangenheit zu stehen, sagte Wolfgang Freiermuth für die FWG. Es gehe schließlich auch um eine Ent-Ehrung der Menschen, deren Namen man von den Straßenschildern entferne.

Dass diese überhaupt ehrungswürdig seien, bestreiten die Befürworter der Umbenennungen. Florian Maier, SPD-Fraktionsvorsitzender, zitiert rassistisches Gedankengut von Ludwig Kohl-Larsen, verweist auf die einstimmige Entscheidung des Stadtrats auf Antrag von Die Linke aus dem Jahr 2020, Reichspräsident Paul von Hindenburg die Ehrenbürgerwürde zu entziehen, und hebt das Engagement Hans Stempels für NS-Täter hervor. Auch Geißler fasst kurz zusammen, dass er den Steigbügelhalter Hitlers, einen Rassisten und jemanden, „der verbrecherische Nazi-Ärzte vor Strafe schützt“, nicht für ehrungswürdig halte. Und eben genau darum gehe es: um Ehrungen.

Maier: Verstehe Ärger total

Der neuen Name richten sich nach der Lage. Bei der Hindenburgstraße/Am Zoo ist dies offensichtlich. Die Kohl-Larsen-Straße liegt in einem Quartier, in dem die Straßen nach Medizinern oder Forschern benannt sind. In diesem Kontext passt Maria Sybilla Merian, die laut Stadtarchiv im 17. und 18. Jahrhundert als Naturforscherin und Universalgelehrte weltweit Anerkennung erhielt. Die Hans-Stempel-Straße im Wohnpark am Ebenberg hingegen liegt in einem Viertel, in dem an Landauer erinnert wird. Künstlerin Margot Stempel-Lebert war die Schwiegertochter Hans Stempels und hat in der Stadt unter anderem das Synagogen-Mahnmal gestaltet.

Direkte Folgen haben die Umbenennungen für die Anwohner. Diese müssen ihre neuen Adressen an vielen Stellen angeben. Die Stadtverwaltung wird die Kosten für die amtlichen Änderungen erlassen, hieß es. „Ich verstehe total, dass dieser Aufwand die Menschen ärgert“, sagt Maier, aber es handele sich um Gewissensentscheidungen. „Eine weitere monatelange Diskussion wird dem Stadtklima nicht gut tun. Ich bitte um Verständnis.“

Und wie geht es nun weiter? Die neuen Straßenschilder werden wohl spätestens in einem Jahr hängen, sagt Geißler auf Anfrage der CDU. Wahrscheinlich früher. Doch ob sie wirklich kommen, scheint auch nach mehreren Jahren der Diskussion noch immer nicht völlig klar. Denn: Es wurden bereits ein Bürgerbegehren gegen die Umbenennung angekündigt, ebenso formiert sich eine Bürgerinitiative. Die CDU werde die Bürger unterstützen, sagt Christdemokrat Peter Lerch.

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