Homburg Wie ein Pilotprojekt etwas gegen Influencer-Zwänge tun möchte

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Aussehen, Schönheit, Körperlichkeit: Diese Aspekte spielen in der heutigen Zeit für Mädchen und junge Frauen eine noch größere Rolle als früher, sagt Jeanine Niedenzu-Brünner. Die Mitarbeiterin im Caritas-Kinderzentrum macht auch soziale Medien dafür verantwortlich. Weil die Mädchen oft Influencerinnen folgen, die das »ideale Schönheitsbild« vorleben.

Wer ist die Schönste im ganzen Land? All das dringt zuhauf aus Influencer-Hand. Auch deshalb sind Dinge wie Aussehen oder Schönheit ein großes Thema bei Mädchen und jungen Frauen – oft mit Folgen. Eine Aktion möchte das ändern – und Mädchen dazu animieren, etwas für sich selbst zu tun.

Sich künstlerisch mit dem eigenen Wohlbefinden beschäftigen und auseinandersetzen. Das ist das Ziel der „Kunstaktion zur gendersensiblen Gesundheit“. Dazu laden das Kinder- und Jugendbüro der Stadt Homburg gemeinsam mit dem Caritas-Kinderzentrum (Kiz) für kommenden Mittwoch, 8. Mai, zwischen 14 und 17.30 Uhr ins Kinderzentrum im Homburger Stadtteil Erbach ein.

Der Begriff sei etwas sperrig, räumt Jeanine Niedenzu-Brünner ein. Sie ist Mitarbeiterin im Erziehungsdienst im Caritas-Kinderzentrum. Um was geht es beim Pilotprojekt? „Das Thema“, sagt sie, „ist sehr breit gefasst.“ Sicher gehe es einmal um körperliche Gesundheit, um Fragen zum Zyklus oder zur Verhütung. Aber genauso oder vielleicht noch stärker stehe hier die seelische und mentale Gesundheit im Vordergrund, insbesondere das Wohlbefinden der Heranwachsenden.

Raum und Zeit für die Frage: Was tut mir gut?

Aussehen, Schönheit, Körperlichkeit. Mädchen und junge Frauen sehen sich gerade auf den sozialen Medien ständig mit diesen Dingen konfrontiert. „Diese Aspekte haben zwar in dieser Altersgruppe schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Heute aber noch viel mehr. Eben, weil die Jugendlichen Influencerinnen folgen, unendlich viele Vorgaben bekommen, die sie wichtig nehmen“, sagt Niedenzu-Brünner. Ist das Äußere wirklich alles? „Wir wollen den Teilnehmerinnen klarmachen, dass jede so sein darf, wie sie möchte und so angenommen wird, wie sie ist“, nennt die Kiz-Mitarbeiterin einen Schwerpunkt der Kunstaktion.

Darüber hinaus haben die Mädchen hier Raum und Zeit, um sich zu überlegen, was ihnen guttut. „Ist es Kuscheln mit Mama, eine Umarmung, die Hände streicheln oder cremen, etwas, das wohlige und heimelige Gefühle erzeugt?“ Oder ist es ein Tennismatch mit Papa, das Zusammensein und Abhängen mit Freundinnen und Freunden?

Selbstverständlich dürfen auch negative Empfindungen geäußert oder dargestellt werden. „Wann geht es mir schlecht, was tut mir weh, was möchte ich ganz und gar nicht. Oder will ich einfach mal in Ruhe gelassen werden?“ Auf jeden Fall soll den Teilnehmerinnen gezeigt werden, dass sie alle ohne Ausnahme wahr- und ernstgenommen werden mit ihren Anliegen und Wünschen, betont Niedenzu-Brünner. Sie sollen spüren, dass sie an diesem Nachmittag im Mittelpunkt stehen. Mädchen nähmen sich nämlich oft zurück, ganz anders als Jungs.

Freie Wahl bei Aktivitäten

Der Nachmittag beginnt mit Impulsen, die die Kiz-Mitarbeiterin und eine oder zwei andere Frauen, mit denen sie öfter zusammenarbeitet, vorbereiten. Was die Teilnehmerinnen dann gestalten, liegt ganz in ihren Händen. „Wir verfügen in unserer Einrichtung über ganz unterschiedliche Materialien und Equipment“, sagt Niedenzu-Brünner. Sie nennt diverse Mal- und Bastelutensilien oder eine Polaroid-Kamera. Man kann Ton- oder Videoaufnahmen machen, Texte schreiben, Collagen fertigen. Der Kreativität seien keine Grenzen gesetzt. Die Jugendlichen seien ja meist voller Ideen und wüssten recht schnell selbst, wie sie diese umsetzen. „Die brauchen uns in der Regel nicht als Inspirationsgeber“, meint sie lachend. Wer möchte, könne sich allein an die Arbeit machen oder ein Kunstwerk gemeinsam mit anderen fertigen.

Alle Kunstobjekte, die in den dreieinhalb Stunden entstehen, werden am 15. Juni im Rahmen einer größeren Ausstellung zur gendersensiblen Gesundheit im Saarbrücker Schloss ausgestellt. Später sollen sie auch in Homburg zu sehen sein, ergänzt Jugendpflegerin Sandra Schatzmann vom Kinder- und Jugendbüro der Stadt. Das Projekt, weiß sie, geht auf die Initiative des Landesfrauenrates zurück.

Männervorbild bei Medikamenten problematisch

Die diesjährige Bundeskonferenz der Landesfrauenräte findet in Saarbrücken statt. Und da sei die Idee aufgekommen, „das Thema dieser Konferenz, eben die gendersensible Gesundheit, in die Städte und Gemeinden zu tragen“, weiß Schatzmann. Sie erklärt: Die Frauen wollen etwa darauf aufmerksam machen, dass sich Behandlungsmethoden und Medikamente, und auch deren Verabreichung, immer an einem durchschnittlichen Mann mit einer Größe von 1,80 Meter und einem Gewicht von 100 Kilo orientierten. Eine Frau mit einer Größe von 1,60 Meter und 60 Kilogramm brauche eine andere Dosis. Auch Krankheitsbilder zeigten sich mitunter unterschiedlich.

Wenn die Aktion gut angenommen wird, stehe einer Wiederholung nichts im Wege. Der kostenlose Workshop ist offen für alle Mädchen ab elf Jahren aus Homburg und Umgebung. Eine Anmeldung ist zwar nicht erforderlich, wäre aber aus Planungsgründen wünschenswert.

Info

Kunstaktion zur gendersensiblen Gesundheit, Mittwoch, 8. Mai, 14 bis 17.30 Uhr, Caritas Kinderzentrum, Charlottenburger Straße 32, Homburg-Erbach. Auskunft unter Telefon 06841/7030327 oder -226, oder per Mail an Kiz.Homburg@caritas-speyer.de oder beim Kinder- und Jugendbüro der Stadt Homburg, Telefon 06841/101124 oder -125, Mail: kinder-und-jugendbuero@homburg.de.

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