Meinung Der neue Prozess gegen den Polizistenmörder kennt nur Verlierer, darunter Andreas S. selbst

Andreas S. mit seinen Verteidigern Lars Nozar (links) und Leonard Kaiser (rechts).
Andreas S. mit seinen Verteidigern Lars Nozar (links) und Leonard Kaiser (rechts).

Der Doppelmörder von Kusel, der jagende Bäckermeister Andreas S., stand in Saarbrücken wegen eines alten Falles von Wilderei vor Gericht. Schon bevor das erste Wort im Saal gesprochen war, stand fest: Am Ende muss der Angeklagte zurück ins Gefängnis. Dort hat er eine lebenslange Freiheitsstrafe zu verbüßen. Egal wie hart das Saarbrücker Gericht geurteilt hätte: Mehr als lebenslänglich gibt es nicht. Insofern war es fast egal, welche Strafe die Kammer verhängen würde, wenn sie auf schuldig erkennen würde.

Doch so weit kam es gar nicht. Die Kammer wog wohl ab, was das alles noch soll. Auch um zu verhindern, dass des Mörders Anwalt Lars Nozar arme Zeugen grillt, als wären sie die Angeklagten, drängte die Vorsitzende Richterin darauf, das Verfahren ohne Urteil einzustellen. Auch wenn sie zu erkennen gab, dass sie Andreas S. mindestens der Wilderei für schuldig hielt.

Dieses Ende ohne Urteil stört das Gerechtigkeitsempfinden erheblich. Doch die Fehler passierten früher. Vor den Morden ermittelte die Staatsanwaltschaft zwei Dutzend Mal gegen Andreas S. – folgenlos. Im Fall Spiesen bequemte sich die Polizei erst zwei Stunden nach der Alarmierung zum Tatort, wie sich im Prozess herausstellte.

Die Polizei arbeitete damals schleppend und träge. Vielleicht auch, weil ein jagender Polizist und dicker Freund von Andreas S. bremste. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zogen sich ewig in die Länge, etwa als die Strafverfolger den Bäckermeister verdächtigten, Lohn einbehalten, Raubüberfälle erfunden und seine eigenen Autos angezündet zu haben.

Es ist nicht sicher, aber vielleicht hätte ein entschiedeneres Vorgehen der saarländischen Justiz, durch eine saftige Haftstrafe etwa, den Bäcker davon abhalten können, am 31. Januar 2022 im Kreis Kusel zwei Polizisten zu erschießen.

Der Prozess hat noch einen weiteren Verlierer: Andreas S. selbst. Der fühlte sich am Dienstag zwar wie ein Sieger. Aber: Zeugenaussagen und Indizien sprachen eindeutig dafür, dass er der Man war, der da im September 2017 ein Reh in fremdem Revier geschossen hatte. Er hätte den Zeugen die neuerliche Tortur ersparen, die Tat einfach zugeben und Reue für seine Taten, auch die von Kusel, zeigen können. Das tat er nicht. Doch wenn er nicht aufhören kann, stolz auf seine kriminelle Vergangenheit zu sein, dann wird er es in 18, 20 oder 25 Jahren schwer haben, die Justiz davon zu überzeugen, ihn in die Freiheit zu entlassen.

Hier geht es zum Bericht über den Prozesstag am Dienstag in Saarbrücken. Alles zu den Polizistenmorden finden Sie in zwei Blogs. Artikel, Fotos, Videos vom 31. Januar 2022 bis zum Prozessauftakt im Juni 2022 hier. Artikel, Videos, Fotos ab Prozessbeginn in Kaiserslautern bis zum Prozess in Saarbrücken hier.

x